Friday, December 25, 2009

Blutige Langeweile

Blutige Langeweile. Das war ihr Leben. Es ging in ihrem Beruf um nichts anderes. Als Assistentin im Zentrallabor analysierte sie nun mal Blut. Blut von Menschen, die man noch nie gesehen hatte und mit wenigen Ausnahmen niemals sehen wuerde, anonymes, rotes Leben in kleinen Glasroehrchen. Ab in den Zentrifugator, rein in den Hitachi, den Ausdruck auf Plausibilitaet pruefen und ab damit in die Hauspost. Bei Dates punktete sie damit immer bei der Frage, was denn ihr Beruf waere. ‘Blutige Langeweile’, sagte sie dann und erntete damit zumindest ein Laecheln. Wenn es nur nicht so wahr gewesen waere.

Ausserdem blutete sie schon wieder wie ein abgestochenes Schwein. War das wirklich schon wieder vier Wochen her? Waehrend sie auf den Ausdruck der naechsten Ergebnisse wartete, sah sie auf die Uhr und atmete auf. Nur noch eine Stunde, dann war auch dieser Arbeitstag vorbei. Und dann ab heim zu Robert. Er wartete auf sie.

Robert war gestern abend vorbeigekommen, eigentlich, um mit ihr Schlusszumachen. Es funktionierte nie besonders lange mit ihren Maennern, nach einiger Zeit wuerden immer sagen dass ‘es nicht an ihr liege’, sondern sie ‘noch fuer keine Beziehung bereit waeren’, und es ‘ihre Schuld war.’.

Am besten war es da noch wenn sie vorbeikamen, eben so wie Robert gestern. Das gab ihr die Moeglichkeit noch mit ihnen zu reden, sie zu ueberzeugen, bei ihr zu bleiben. Eben so wie bei Robert gesten. Er hatte wohl vorgehabt, es ihr zwischen Tuer und Angel mitzuteilen, aber war dann doch hereingekommen. Es war fuer sie nicht ganz leicht gewesen, die Ruhe zu bewahren, und zwischen Enttaeuschung und Wut nicht die Beherrschung zu verlieren. Das war ihr frueher passiert, und es hatte die Maenner nur noch schneller aus ihrem Leben vertrieben.

Schon als sie in die Wohnung kam hoerte sie den Fernseher laufen. ‘Wir waten durch ein Meer von Blut, gib uns dafuer Kraft und Mut’ sagten die McManus Brueder und sie drueckte auf die rote Taste der Fernbedienung. Robert sass auf der Couch und laechelte, sie hatte es nicht anders erwartet. Sie drueckte ihm einen Kuss auf. ‘So mein Lieber, ich geh nur rasch ins Bad und bereite das Schlafzimmer vor, und dann verziehen wir uns dorthin.’ sagte sie laechelnd, ‘ich bin noch nicht mit dir fertig’.

Als sie Richtung Bad davonging, laechelte sie. Letztlich war er dann doch geblieben, war nicht schon mitten in der Nacht gegangen und sogar noch da gewesen, als sie eben von der Arbeit heimgekommen war. Sie konnte sehr ueberzeugend sein, und er war nicht in der Lage gewesen, ihr zu widerstehen. Es lohnte sich, sich ein paar Tricks fuer besondere Gelegenheiten aufzuheben. Er gehoerte ihr. Sie entschied, wann es an der Zeit fuer ihn war zu gehen, und nicht umgekehrt. Mit ihr machte man nicht einfach Schluss.

Nachdem sie die Unterwaesche gewechselt und sich gereinigt hatte, warf sie einen Blick in die Badewanne. Sie hatte am Morgen keine Lust gehabt die Wanne auszuspuelen, und es war noch eine Menge halb eingetrocknetes Blut da. Die Wanne wuerde sie spaeter ausgibig schrubben muessen, das wuerde dauern. Mittlerweile aergerte sie sich, dass sie es nicht gleich erledigt hatte. Sie verschaeuchte den Gedanken und ging ins Wohnzimmer zurueck.

Viel spaeter, im Schlafzimmer, hielt sie verschwitzt seinen Kopf an ihre Brust gepresst und atmete schwer. Sie wusste dass er grinste, das spuerte sie. ‘Du bist ein huebscher Kerl’, sagte sie, ‘ich konnte nicht zulassen das du gehst. Niemand verlaesst mich. Aber du hattest recht, wie passen nicht so recht zusammen, das habe ich inzwischen erkannt. Du wirst keine Gelegenheit mehr erhalten, mich zu verletzen, Robert. Zwischen uns ist es aus. Es ist vorbei.’.

Dann stopfte sie seinen Kopf in einen der Muellsaecke und verknotete ihn. Sie war erschoeft, aber die Badewanne wuerde sich schliesslich nicht von selbst reinigen.

Waehrend sie stoisch einen Fleck nach dem anderen bearbeitete und beobachtete, wie sie sich unter den kreisfoermigen Bewegungen des Putzschwammes langsam aufloesten und in duennen roten Faeden Richtung Ablauf rannen, verzog sie den Mund zu einem schiefen Grinsen. ‘Das ist wirklich mein Leben’, murmelte sie, ‘Blutige Langeweile’.

Monday, December 21, 2009

Der Moerder ist immer der Gaertner

Larissa war auf dem Weg zur Arbeit, eine von hunderten. Eintraechtig trotteten sie auf dem neuen Pfad dahin. Erst gestern hatte es wieder einen dunklen Sturm gegeben, und der alte Weg war unpassierbar geworden. Selbst zwei Dutzend von ihnen hatten die umgestuerzte Pflanze nicht bewegen koennen, und darueber hinweg zu klettern wuerde zuviel Zeit in Anspruch nehmen. Also hatten sie unruhig gewartet, bis die Kundschafter einen neuen Weg gefunden hatten. Die Arbeit wartete. Der Stamm zaehlte auf sie. Der Stamm war alles.

Frueher, so erzaehlte die Allmutter, hatte es diese Stuerme nicht gegeben. Vor rund zehn Generationen war die Welt aus den Fugen geraten, waren die Baeume verschwunden und einer eintoenigen Grasslandschaft gewichen. Davor waren keine aetzenden Fluesse durch ihr Land geflossen, waren keine dunklen Stuerme ueber das Land gezogen, hatten die Roten sie noch nicht aus ihrem angestammten Land vertrieben gehabt.

Selbst der Huegel war nicht sicher - schon zweimal in ihrem Leben hatte eine Flut das Werk Tausender zerstoert. Viele hatten ihr Leben verloren, und nur unter grossen Opfern hatte die Allmutter und ihr Hofstaat in Sicherheit gebracht werden koennen. Die Reparaturen konnten nicht rechtzeitig abgeschlossen werden, und nocheinmal so viele starben im darauffolgenden Winter.

Sie stolperte und waere beinahe gefallen, und ihre Hinterfrau lief in sie hinein. Schnell rappelte sie sich auf und beeilte sich zu den vorderen aufzuschliessen, die natuerlich nicht gewartet hatten. Haette sie sich umgesehen, haette sie einen abschaetzigen Blick in den dunklen Augen gesehen, gepaart mit der ungestuehmen Arroganz der Jugend.

Gut, sie war nicht mehr die Juengste, und an kuehleren Tagen fiel ihr das Aufstehen bereits schwer. Wuerde sie hier fallen und liegenbleiben, niemand wuerde sich um sie kuemmern. Sie war alt, konnte nicht mehr so schnell ernten, nicht mehr so viel tragen, wurde ungeschickt und sah schlecht. Sie waere kein grosser Verlust. Als sie jung gewesen war, hatte man den alten Arbeiterinnen noch Respekt gezollt, sie geehrt fuer ein Leben voller Fleiss und Hingabe fuer den Stamm. Es war eine andere Zeit gewesen, eine Zeit des Ueberflusses. Doch das Leben war hart geworden nach dem Roten Krieg.

Der Sieg des Stammes war gewiss gewesen. Zehntausende ihrer Schwestern maschierten in Reih und Glied, eine unueberschaubare Masse gleichgeschaltener Leiber, voll Wut und Zorn auf ihre verraeterischen Nachbarn, die einen kompletten Arbeitstrupp vernichtet hatten.
Kein Gegner dieser Welt haette sie aufhalten koennen, sie waren eine Naturgewalt, bereit zu schlagen und zu zerstoeren, zu zerstueckeln und zu toeten, den Wohnhuegel der Gegner bis auf die Grundmauern niederzureissen und nichts und niemanden am Leben zu lassen.

Doch ihr Gegner war nicht von dieser Welt gewesen. Die Schamanen der Roten hatten den Himmel beschworen, und der Himmel hatte sie gehoert. Schon von der Weite hatte man das Roehren kommen hoeren, die praechtige Armee war in heilloser Flucht zerstoben. Zu tausenden wurden sie unter dem dunklen Himmel davongeweht, nach oben gesaugt und blieben fuer immer verschwunden. Nur einige hundert hatten ueberlebt. Die Roten hatten danach kurzen Prozess gemacht, hatten ihr Gebiet verdoppelt und sie vertrieben. Es war ihnen nichts anders uebrig gebliben als sich ausserhalb des neuen roten Reviers eine neue Heimstatt aufzubauen.

Waerend sie die Blaetter von Laeusen reinigte entgingen ihr die Blicke der anderen nicht. Sie war eine Belastung geworden, dachte sie mit leisem Bedauern, sie, eine der besten Ernterinnen ihrer Generation. Sie wusste, dass sie diesen Winter nicht ueberstehen wuerde, doch es war ihr gleich. Nur wenige hatten ein so hohes Alter erreicht wie sie, und sie hatte ein gutes Leben gehabt. Ein einfaches Leben, gewiss, aber ein gutes Leben. Oft hatte sie im Fruehjahr neidisch auf die höheren Kasten geschielt, ihnen ihr Glueck missgoennt. Fuer ihresgleichen hatten die Maenner niemals auch nur einen Blick uebrig gehabt. Sie wuerden sich niemals mit einer einfachen Arbeiterin abgeben, das wusste sie, und akzeptierte es widerstrebend. Doch das Fruehjahr ging, die Maenner ebenso, und der Alltag kehrte wieder ein - es war fuer alle besser so. Der Stamm funktionierte ohne all diese Aufregung besser.

Sie sah zum Himmel, der sich inzwischen leicht roetlich gefaerbt hatte. Es war an der Zeit, fuer die Nacht heimzukehren. Die Kollonne formierte sich, fast wie von selbst, und trat ihren Weg an. Ihre alten Ohren hoerten das Geraeusch als letzte, ein tiefes Brummen, und ein einstweilen leichter Windhauch, der in dieselbe Richtung blies. Um sie herum stobten die Arbeiterinnen auseinander, doch es war zu spaet. Sie spuerte den gewaltigen Sog, wurde in die Dunkelheit hochgehoben und befand sich bereits viele dutzend Koerperlaengen ueber dem Boden, als sie von einem riesigen, rasend schnellen Etwas getroffen wurde. Dann war nichts mehr.


‘Allmutter, ein dunkler Sturm hat die Arbeitskolonne 124 vernichtet. Wir vermuten, dass die Roten Schamanen wieder am Werk waren. Wir konnten sie nicht retten.’
Die Koenigin seufzte. 124 war eine gute Kolonne gewesen, und hatte viel Nahrung fuer den Stamm gebracht. Sie wuerde schwer zu ersetzen sein. ‘Danke, du kannst dich wieder um die Eier kuemmern’, sagte die Koenigin und sah die Amme hinaustrippeln. Sie legte noch zwei duzend Eier, bevor sich die Welt um sie aufzuloesen begann.


Karl stellte den Rasenmaeher ab. “Das habt ihr nun davon, Scheissviecher”, dachte er missmutig. Heute waren sie sogar auf seinen Tomatenstraeuchern rumgekrabbelt. Was zuviel war, war zuviel. Nun, sie hatten dafuer bitter bezahlt. Er hatte den ganzen verdammten Huegel niedergemaeht, und trotzdem krabbelten einige der Biester noch in den Resten ihres Haufens herum. Er presste die Lippen zu einem schmalen Strich zusammen. ‘Ihr kommt mir nicht davon’, murmelte er und schritt Richtung Brunnen davon.

Tuesday, November 24, 2009

Schreibwerkstatt die sechste

Hallo ihr Lieben,

ratzfatz (ein Wort das ich schon immer verwenden wollte) die Schreibwerkstatt von dieser Woche. Wir hatten zuerst eine Sci-Fi Geschichte zu schreiben, kurioserweise auf Basis einer Folge der Maus am Mars. Unsere Kursleiterin hat hier einen etwas skurrilen Sinn fuer Humor, wie es scheint. Ich hab die Folge jedenfalls nicht mitbekommen da mal wieder zu spaet dran, und nur erfahren dass es um die Maus geht, die auf einen Robotermausplaneten landete. Auch gut. Ich kann ohnehin keine witzigen Mausgeschichten schreiben, wo Tiere in Kaffeemuehlen rumfliegen, also machen wir eben klassische Sci-fi draus :)
NEUE ZIELE
Kein Wunder dass sie enttaeuscht war. Vierzehn Spruenge, zwei Drittel der Kristalle verbraucht, und das Beste das sie gefunden hatte waren diese Metallmaeuse. Nun, sie waren besser als die Wolkenwandler von Riege Sieben, und mit sicherheit besser als die Pseudorobben von Proximo 9. Die waren nicht nur agressiv, sondern auch dumm wie die Nacht gewesen. Seltsam, wie oft so etwas Hand in Hand geht.
Sie war in einem Anfall voelliger Einsamkeit aufgebrochen, verloren in den scheinbar unendlichen Weiten des Mars, verloren in kalter, roter Leere. Hatte gerade noch den Impuls unterdruecken koennen, zur Erde zu fliegen in der unsinnigen Hoffnung, die Orbitale nochmals austricksen zu koennen. Und wozu auch. Wenn die dort im selben Tempo weitergemacht hatten, duerfte der Mars inzwischen vergleichsweise Lebensfreundlich sein.
Also hatte sie die andere Richtung gewaehlt, die Orbitale nur kurz und oberflaechlich nach den aktuellen Hochrechnungen fuer Klasse E Planeten gehackt und sich auf den Langen Sturz durch den Raum begeben, durch nicht nur scheinbar unendliche Weiten, inmitten wahrer Kaelte.
Und nun war sie hier. Umgeben von Robotern, die ihr selbst so aehnlich waren, dass es schwer war, an einen Zufall zu glauben. Primitv aufgebaut, sicher, einfache Mechanik und Rollen um siech fortzubewegen, aber die KI war einwandfrei. Und sie waren ihr freundlich gesinnt, das haette sie auf der Erde nicht erwarten duerfen.
'So schlecht ist es auch nicht. Ich werde hier bleiben.' dachte sie. Vielleicht konnte sie ja sogar die zentrale KI hacken und... nein, nicht schon wieder, nicht noch ein Exil. Auf dem naechsten Strafplaneten haette sie vielleicht nicht das Glueck, en nur leicht beschaedigtes sprungtaugliches Schiff irgendeiner Zivilisation zu finden.
Nein, diesmal wuerde sie Brav sein. Angepasst. Angemessen unterwuerfig. Zumindest eine Zeit lang. Sie lachte leise. Die Blechkoepfe wuerden schon noch sehen, wen sie sich da eingehandelt hatten.

Danach, ein etwas harter Sprung, sollten wir eine kurze Ballade, ohne viel wert auf Versmasz oder gute Reime zu legen. Folgende Woerter sollten vorkommen:

Blut
Nacht
Herz
Gasse

Hier also die Ballade:
Die Zeit war reif, der Vollmond schien
und ihn zog es zum jagen hin.
So schritt er hinaus in den dunklen Wald
passe nicht auf und geriet in - 'nen Hinterhalt

Nun wankt er durch die Gasse, ihm ist Kalt
in Fetzen gehuellt, doch von maecht'ger Gestalt
Das Licht ist schlecht man sieht's nicht gut
doch nicht nur sein Messer ist voller Blut

"Es ist geschafft, es ist vollbracht"
schreit er lauthals durch die Nacht
Es schien ihm Legende, ein aberglaeub'scher Scherz
doch er traf ihn, den Werwolf. Mitten ins Herz.

Ich gebe zu es hat mir viel Spass gemacht, das hier zu dichten.
Zum Schluss sollten wir noch einen inneren Monolog schreiben, zu diesem Video hier:



Nimm an, du haettest nur eine Chance, deine Bestimmung zu erfuellen. Wartest eine Ewigkeit darauf, deine Zuege zu machen, in deinen fuenf Minuten des Ruhms zu vergluehen. Wer hoch hinauf will, kann tief fallen, sagen sie, aber das ignorierst du, denn DU wirst nicht fallen.
Aber natuerlich faellst du, faellst nach nur einem schlechten Zug, hattest nie die Chance zu gluehen, faellst unendlich tief, und wirst mit dem Absatz in den Dreck getreten.
Du haettest es besser verdient gehabt, denkst du.
Aber das denken sich alle.


Das wars fuer dieses Mal. Danke fuers mitlesen :-)

so long
Richie

Schreibwerkstatt die fünfte

Hallo ihr Lieben!

Hier die schreibwerkstatt von letzter Woche. Zuerst gab es, quasi als Aufwaremuebung, einen Haiku zu tarotkarten zu schreiben. Ich hatte Zwei Hexen vor verfallenen Burgen und einem Vollmond. Rausgekommen ist
Der Vollmond hilft der
Zauberglut, mit Hut zaubert
sichs nochmal so gut.

Soviel zu den Haikus.
Danach hatten wir folgendes Bild bekommen.
Dazu galt es eine Fabel zu schreiben.

Es gab einmal eine Seehundkolonie, in der ein Seehund lebe. Er war erfahren, stark und klug, so klug ein Seehund eben sein kann. In der Jagt gab es niemanden, der es mit ihm aufnehmen konnte. Fisch um fisch schleppte er heran, und viele, die sonst verhungert waeren, lebten dank ihm noch viele Jahre.
Waehren Seehunde nicht farbenblind, waere er sicherlich das Alphamaennchen der truppe geworden, doch sie sind es, und er war... bunt. Nun muss man dazu wissen, das Orcas sehr wohl Farben sehen, und fuer ihr Leben gerne Seehunde Fressen. Bloss, so ein Seehund, der ist grau, oder schwarz, oder irgendetwas dazwischen, aber mit sicherheit nicht Tuerkis. Orcas sind da die Bauern des Meeres, und was sie nicht kennen, fressen sie nicht.
Und so blib der bunte Hund ungeschoren, egal wo und wann er schwamm, und seine Kollegen argwoenten, er haette ein Geschaeft mit den Ocas gemacht. Er gab ihnen Tipps wann und wo sie am besten seine Brueder und Schwestern fangen koennten, und dafuer blib er selbst ungeschoren. Dieser Verraeter.
doch die Zeiten waren schlecht und er brachte viel fisch und - was sollte man da machen? Und so blieb er ungeschoren, und allein.
Und es begab sich zu dieser Zeit, dass einer jungen Seehuendin dasselbe wiederfuhr. Sie war organe, doch das wusste sie natuerlich nicht. Und war allein.
Es kam wie es kommen musste. Ausgegrenzt und ohne Gesellschaft machte Gelegenheit Liebe, sie wurden ein grosses Fischfaengerpaar und bekamen viele Kinder. Doch sie zogen sie alleine auf, enttaeuscht von der Gesellschaft der sie soviel und die ihnen nichts gegeben hatte. Und so starben ihre Kinder allesamt, wurden Opfer der Orcas, denn sie hatten nicht das Glueck, so bunt wie ihre Eltern zu sein. Denn ihre Eltern konnten ihnen keine Vorsicht lehren. Sie hatten sie selbst nie erlernt.

Moral: Wenn du nicht weisst warum etwas funktioniert, kannst du es nicht lehren.

Nach dieser Fabel bekamen wir ein weiteres Bild:
Sowie einen Audioschnipsel zu hoeren, in dem Jemand in Wien Schwechat landet. Daraus galt es eine Kurzgeschichte zu schreiben, dessen Anfang hier dargebracht werden soll. Anfang deshalb, weil es eine Kurzgeschichte ist und ich noch keinen Schimmer ahbe wie ich sie abschliessen oder wie sie weitergehen soll. Ich hatte keine Lust mir einen wirklichen Plot zu ueberlegen und nur so vor mich hingeschrieben.
Wien Schwechat. Ein kleiner Provinzflughafen im Nirgendwo. In Oesterreich, verbesserte sie sich im Gedanken. Nicht das das einen grossen Unterschied gemacht haette, das ganze Land hatte kaum mehr Einwohner als Atlanta, und diese 'Stadt' haette gut und gerne auf ihren Flughafen gepasst.
Verdammt, was hatte sie sich nur dabei gedacht? Alle hatten sie aus guten Gruenden fuer verrueckt erklaert, spaetestens, als sie rausgefunden hatten dass sie nicht nach Australien flog. 'Weiss der Himmel warum ich ihm meine Telefonnummer gegeben habe', scholt sie sich zum hundersten mal, 'wohl zuviel Wein, und er war schon sehr charmant. Auf seine eigene, provinzielle Art und Weise.'. Ja, vermutlich war es das gewesen, die erfrischend unkonventionelle Art wie er bemerkenswertes Fachwissen ueber die Austellung mit jenem Brachialhumor verbunden hatte, dem sie auch bei ihren Schilehrern nie hatte wiederstehen koennen.
Danach hatten sie sich aus den Augen veloren, und er hatte sie zwei Tage spaeter angerufen. Wie er das gemacht hatte, war ihr auch voellig unklar. Hatte sie ueberzeugt ihn zu besuchen, auf einen 'Steifzug durch das grosse Oesterreich'. Sechstausend Flugmeilen fuer einen Streifzug. Etwas viel fuer ein Land, dass sie ja aus Sound of Music ohnehin kannte. Und dem Bunten Pfadfindergrueppchen am anderen Ende der Halle nach war dieser Film ja nicht einmal viel zu kitschig gewesen...
So meine Lieben, das wars fuer heute, vielleicht schreib ich die Geschichte ja nochmal fertig, dann bekommt sie einen eigenen Post.

so long
richie

Tuesday, November 17, 2009

Schreibwerkstatt die vierte

Hallo ihr lieben,

seit dem letzten Post is ein wenig Zeit vergangen. Die Schreibwerkstatt ist zweimal ausgefallen, und wir hatten absurde Mengen an Arbeit.

Diesmal gab es also nur zwei Aufgaben. Die erste war, neue Texte fuer Zigarettenschachteln zu finden, ihr wisst schon, diese Rauchen macht Impotent und Rauchen toetet Sticker, allerdings mit freier Aufgabenstellung. Ziel wars, ironische oder witzige Texte zu finden. 10 Minuten oder so waren dafuer Zeit.

Meine Ergebnisse:
Immer noch besser
als besoffen autofahren

Ungesund?
Echt jetzt?

Ich höre morgen
damit auf!


Zweiter Teil, und spannender, war eine Kurzgeschichte. Inspiration war eine Szene aus einem alten Hitchcock streifen, der Unsichtbare Dritte. In der vorgespielten Szene sah man, wie ein Mann, augenscheinlich entfuehrt und zwischen zwei schweigsamen Schlaegern sitzend, zu einem Landhaus gefuehrt und dort in der Bibliothek eingeschlossen wird. Kurz darauf Betritt der Mann des Hauses, Lester Townsend, die Bibliothek.
Hier also die Kurzgeschichte dazu:
Das ist also Lester Townsend. Der Mann ist Mitte Dreissig, und steht in seinem massgeschneiderten Anzug da, als koennte ihn nichts und niemand etwas anhaben. Nun ja, fuer diese kleine Welt hier mag das ja sogar stimmen. Allein Seine Krawatte kostet mehr als ich in einem Monat verdiene.
'Phil', sagt er in jovialem Tonfall, 'Ich darf sie doch Phil nennen, nicht wahr?'
'Gerne Lester', sage ich mit breitem Laecheln, 'Danke fuer die Einladung', und schuettle seine dargebotene Hand. Sein Laecheln flackert nicht einmal. Falls ihn meine Antwort und die Art, in der sie gebracht wurde, ueberrascht hat, laesst er es nicht nach aussen dringen. Nun, eigentlich hab ich ja nicht gelogen: eine vorgehaltene 45er ist eine Einladung, wenn auch eine etwas nachdrueckliche.
'Phil' sagt er, nachdem wir Platz genommen und ich mir eine seiner Zigarren angezuendet habe, 'Phil, Sie haben da ein Problem. Sie sind neu in der Stadt, und vermutlich kennen Sie die Regeln hier noch nicht. Sehen Sie', er macht eine bedeutungsschwere Pause und zieht an seiner eigenen Havanna. Ich fuehle mich ein wenig klein, aber verdammt, es ist unmoeglich, sich vor diesem Schreibtisch nicht klein zu fuehlen.
'Sehen Sie', wiederholt er, 'es besteht hier kein Bedarf fuer einen Schnueffler. Genaugenommen besteht nicht einmal ein Bedarf fuer einen neuen Buerger. Wir moegen hier niemanden, der unsere Ruhe stoert.'
Ich sage nichts. Es gibt auch nichts, was ich darauf sagen koennte. Er steht auf und spricht im Gehen weiter 'Aber ich habe ein Angebot fuer Sie, Phil. Ich habe', er macht eine Pause, als wuerde er nach dem richtigen Wort suchen 'Erkundigungen ueber sie eingezogen und weiss, was ihr' noch eine Pause ' eigentliches Fachgebiet ist. Ich biete Ihnen genuegend Geld, um sich in einer anderen Stadt eine Bleibe zu suchen, ein nettes Haus mit Garten, vielleicht sogar ein Swimming Pool. Nicht die schaebige Zweizimmerwohnung, in der sie jetzt leben.'
Ich zucke mit den Achseln. Die Alternative ist ohnehin zu offensichtlich, und eigentlich ist es ein gutes Angebot, auch wenn ich solche Jobs nicht mehr machen wollte. 'Na Gut', sage ich also. 'Wer soll also den Unfall haben?'
Lester Townsend daempft im stehen seine Zigarre aus, setzt sich und sieht mich an, abschaetzend, als wuerde er nochmals pruefen wollen ob ich wirklich der richtige fuer den Job bin. Es dauert eine Ewigkeit, bis er wieder spricht, und als er es schliesslich tut, bin ich so verbluefft, dass ich ihn mit offenen Mund ansehe. Er scheint es erwartet zu haben und sagt es noch einmal. Ich habe Muehe, meinen Mund zu schliessen. Dann nicke ich.

Zwei Monate spaeter brate ich Steaks am Grill neben meinem Pool. Der Geruch erinnert mich an etwas, und ich denke an Lester Townsend. Nicht zum ersten Mal frage ich mich, warum er mir diesen Auftrag erteilt hat. Warum wuerde man ueberhaupt irgendjemandem so einen Auftrag erteilen?
Dann ruft mich einer meiner neuen Nachbarn und reisst mich aus meinen Gedanken. Waehrend ich ihnen ein froehliches 'Hey Jim, hey Kelly, kommt rein, die Steaks sind fast fertig!' zurueckrufe, schüttle ich die Erinnerung ab. Lesters letzter Auftrag wird wohl immer ein Geheimnis bleiben. Er hat es mit ins Grab genommen.


bis zum naechsten Mal!

so long
richie

Tuesday, October 27, 2009

Janes Tagebuch

Er las wieder in Janes Tagebuch. Denn es war alles, was ihm von Jane geblieben war.

Eine Traene rann ueber sein Gesicht, als er die unbeholfene Skizze einer Blume erblickte. Er erinnerte sich: sie waren spazieren gegangen, an einem wunderschoenen Sonntagmorgen im Fruehling 79. Er hatte ihr Maigloeckchen gepflueckt und sie hatte ueber das ganze Gesicht gestrahlt. Bei dieser Erinnerung verzog sich sein Mund ungewollt zu einem abwesenden, melancholischen Laecheln. Wie sehr er sie doch immer noch liebte.

Seine Gedanken irrten ziellos umher, verschwommene Bilder tauchten vor seinem inneren Auge auf, als haette ein Kind mit einer Kamera gespielt.

Klick. Jane und er bei einer Partie Scrabble. Klick. Jane, die sich anmutig zu leiser Musik wiegt. Klick. Jane, die Toms Bild mit einem Feuerzeug anzuendete. Klick. Jane in seinen Armen, von Weinkraempfen geschuettelt. Klick.
Er schuettelte unwillig den Kopf. Er wollte sich nicht an die schlechten Zeiten erinnern. Ihm blieb nicht mehr viel Zeit.

Sein Blick wanderte zurueck zu Janes Tagebuch. ‘Liebes Tagebuch’ stand da, und am rechten Rand der Zeile: 18. September 1981. Das ist falsch, dachte er, das ist das falsche Datum, nicht dieser Tag. Er hielt das Buch mit dem Kleinen und dem Zeigefinger und blaetterte mit dem Daumen zurueck. Haette er beide Haende verwenden koennen, waere es einfacher gewesen, aber so...
Seite um Seite blaetterte er zurueck, vergebens. Immer wieder tauchte derselbe Eintrag auf der Seite auf. Nur die Schrift aenderte sich, wurde verwaschener, wurde groesser, wurde unruhiger, als waere der Eintrag in grosser Hast oder unter Schmerzen geschrieben worden. Das Buch schrie ihm das Datum entgegen, den 18. September 1981.
Dieser verfluchte Tag, dachte er und schoss die Augen.

Klick. Jane und Andy, in inniger Umarmung. Klick. Jane und Peter, kuessend. Klick. Jane, die Haende auf den Bauch gepresst, die Augen voll Schmerz. Klick. Jane am Boden, in der langsam groesser werdenden Lache ihres Blutes. Klick.

Sein Blick wanderte wieder zu seiner Hand, aber sie war leer. Er hatte den Fokus verloren. Konzentriere dich, mahnte er sich, reiss dich zusammen. Langsam konnte er die Umrisse wieder erkennen, dann endlich schaelte sich das Tagebuch aus duenner Luft wie Jack the Ripper aus einem Schatten der Dorset Street. Da war es wieder, aufgeschlagen am 18. September 1981.

Diese Seite hatte er niemals gelesen, er wuerde sie auch nicht lesen, niemals. Es war nicht seine Schuld gewesen. Sie haette das nicht sagen duerfen, nicht so, nicht auf diese Art, nicht mit diesem mitleidigem Blick. Sie haette ihn nicht so behandeln duerfen. Ihn, der seinen ganzen Mut zusammengenommen hatte. Ihn, der ihr endlich seine Liebe gestanden hatte. Ihn, der immer fuer sie da gewesen war. Er hatte mehr verdient als Mitleid.

Die Bastarde, die sie nach Hause gebracht hatten, hinterliessen immer nur Scherben und Truemmer, und er hatte sich dann um sie gekuemmert, er hatte ihr Mut zugesprochen, er hatte die Bruchstuecke ihres Egos aufgesammelt und wieder zusammengefuegt, ein ums andere Mal. Niemand haette diese Undankbarkeit ertragen koennen. Nein. Es war nicht seine Schuld gewesen.

‘Moechten Sie noch etwas sagen?’. Die ueberraschend sanfte Stimme des Direktors riss ihn aus seinen Gedanken. Er dachte nach. ‘Wuerden Sie mir noch ein letztes Mal das Lied vorspielen?’.
Bedauernd schuettelte der Direktor den Kopf ‘Sie wissen, dass ich das nicht tun kann.’
Er nickte. Auch gut. In Janes Tagebuch war ohnehin nie Platz fuer ihn gewesen.

Der Direktor gab jemandem den er nicht sehen konnte ein Zeichen, und er hoerte ein leises Zischen. ‘Seltsam’, dachte er kurz bevor sein Leben in einem Inferno aus Schmerz und Kraempfen verging, ‘man spuert es kaum.’

[inspiriert von 'The Diary of Jane' by Breaking Benjamin]

Friday, October 23, 2009

schreibwerkstatt die dritte

Hallo ihr lieben!

der post zu dieser schreibwerkstatt besteht aus zwei teilen. hier zuerst das in der schreibwerkstatt erstellte material.

zum aufwärmen gabs wieder mal ein haiku zu schreiben, zu ebenjenem rosenbild das rechts zu sehen ist (10 Minuten)
aber schau, ist doch klar
rosengleich wächst immerdar
die liebe, fürwahr

als nächstes gab es eine gruppenarbeit mit dem Biosphäreteil der Gebrauchsinformation für den Planeten Erde. Diese galt es, kompakt zusammenzufassen, ironisch oder ernstgemeint. Ich hab mich dabei - mäßig kreativ - für ironie entschieden.
Es ist schwierig, sich gegen die Masse zu stellen, müßig, es zu versuchen, mühsam, sich zu erklären, teuer, Fairtraide zu kaufen und vergeblich, Geschmack in vegetarischer Küche zu suchen. Dabei muss man kein Märtyrer sein um die Welt zu verändern, wenn man nur darauf verzichtet, sie besser machen zu wollen.

Einfache Tipps, damit die Welt nicht so bleibt, wie sie ist:
  • Iss mehr als 125 Kg Fleisch, vorzugsweise Rind. Es hat die schlechteste Kalorienbilanz.
  • Beziehe dein Fleisch aus abgeholzten Urwaldgebieten, aus deren Hölzern du dir zuerst Möbel gekauft hast. So wirken das CO2 doppelt.
  • Vergiss nicht die Hochseefischerei zu fördern und iss Fisch, vorzugsweise Scholle. Die Haie haben's nicht besse verdient.
  • Kaufe immer solches Gemüse & Obst, dass gerade keine Saison in deinem Gebiet hat. Kaufe aber in jedem Fall das billigste - nur hier sind die Produktionsbedingungen garantiert miserabel.
  • letztlich: fördere niemals Programme zur Arterhaltung oder Biodiversität. Diese ganzen unnützen Tiere und Pflanzen dienen ohnehin nur als Arbeitsbeschaffung für Biologen.
Zum Schluss gab es einen kurzen Krimi zu schreiben. Als Inspiration diente ein Filmausschnitt, in dem ein recht irrer Mann mit einer über seine Hand gestreiften Socke spricht und man danach kurz eine am Boden liegende Frau im Nebenraum sieht.
Diese Geschichte hat mich zwar zu einem Krimi inspiriert, der aber im endeffekt ganz anders geworden ist und auch ausserhalb der Stunden vollendet werden musste, ob seiner länge. bin dort kaum damit fertig geworden, die Story grob zu skizzieren, weil ich mich dauernd in logikfehlern verfangen hab.. 'aber WARUM sollte er das machen?' :-)

Hier also meine erste belletristische Kurzgeschichte: Nummer 18.

so long
Richie


Nummer 18

“Joe. Schoen Dich zu sehen.’ sagte Pete und erhob sich, um seinen alten Freund zu begruessen. Joe sah beeindruckend aus. Er verstroemte Selbstvertrauen aus allen Poren, als er das maessig besuchte Lokal betrat. Was nicht zuletzt von den brandneuen Leutnantsabzeichen herruehren mochte, die er auf dem Revers seiner gut geschnittenen Uniform trug. Er hatte den Zeugmeister bestochen, gar keine Frage.
“Hallo Pete. Es ist lange her, aber du weisst ja, der Mord an Joshua Green.. ‘
‘.. der dir diese Schulterstuecke eingebracht hat, wie ich hoere ..’
‘ .. naja, ja, aber jedenfalls hat er mich ganz schoen auf Trab gehalten. Was fuer ein krankes Stueck Scheisse - und reiner Zufall, dass wir ihn gefunden haben. Ich meine, das war reines Glueck. Wir waren so knapp dran, ihn als ungeloesten Mordfall zu den Akten zu legen.’ Er runzelte die Stirn, als ob er noch immer ob dieser Tatsache irritiert waere, ‘ und haetten uns gedacht, dass er ein armes, unschuldiges Opfer irgendeines Irren waere. Stell dir das mal vor: der fleissigste Serienmoerder der letzten zwanzig Jahre wird ermordet, und niemand erfaehrt wer er war.‘
Pete grinste und imitierte eine alte Frau: ‘Klar, mein Nachbar, ein netter Mann, hat mir immer geholfen die Taschen raufzutragen, ein wenig schuechtern und zurueckgezogen, aber ein netter Mann’.
Joes zuege wurden hart. ‘Sein Moerder haette ihn in Streifen schneiden sollen, wen du mich fragst, wie seine 36 Opfer, und...’
‘Jetzt setz dich mal.‘ meinte Pete beschwichtigend und schenkte aus der Bierkaraffe in das bereitgestellte Glas, ‘und erzaehl mir, wie ihr das rausgefunden habt.’

Joe nahm Platz und einen grossen Schluck. ‘Aaah. Das Ganze begann wie ein brutaler Mordfall. Opfer: Joshua Green, Mitte 50, einsfuenfundsiebzig, Bauchansatz und Halbglatze. Einbruch in die Wohnung, gefesselt und recht gekonnt gefoltert. Das muss eine Zeit lang gedauert haben. Jede Menge Blut. Die Nachbarn werden aufmerksam, weil auf der Tuer am naechsten Morgen 666 geschrieben steht, mit Blut, wie wir spaeter feststellen. Die Autopsie ergibt: der Mann ist erstickt. Die verdammte gestreifte Socke mit der er wohl zuerst geknebelt wurde, ist so weit in die Kehle gerammt worden, dass wir sie nicht gesehen haben.’
Pete hob eine Augenbraue. ‘Moment, eine Socke? ‘ fragte er zweifelnd, ‘Der Johanneskiller, der Schnitter von New Orleans, der Moerder der Offenbarung - der ist durch eine Socke gestorben?’
Joe nickte ‘Ja. Eine Socke. 18 Streifen. Jedenfalls, der Fall kommt also nicht zu den Akten. Die Details sind irgendwie an die Presse geraten, aber sie wollen auch keine Ressourcen drauf verschwenden. Also geben sie ihn mir. Jung, dynamisch, herzeigbar..’
‘Billig.’
‘..und billig, ja. Ich grabe also, und ich grabe wochenlang: Spurensuche, Forensik, Nachbarn, Bekanntschaften, alles fuer nichts. Zum Schluss nehme ich mir die Favoriten seines Computers vor - darauf haette ich frueher kommen koennen, verdammt - finde da eine Seite namens MapMyHike, kennst du die?’
Pete dachte einen Augenblick nach. ‘Ja’ meinte er dann, ‘da kann man seine Wandertouren planen, mit Hoehenmetern und so, nicht wahr?’ Joe nickte. ‘Sein Account war gespeichtert, mitsamt einer Menge selbstangelegter Touren. Begeisterter wanderer, aber das wussten wir schon. Das Seltsame war - einige, vielleicht zwei Dutzend davon, fuehren ins voellige nirgendwo, mit gleichem Rueckweg.
Das macht mich neugierig, und ich zeichne die Endpunkte auf eine Karte und haeng' sie auf das CHC-board’
‘CHC - board?’
‘Ach ja, entschuldige, das war ja nach deiner Zeit. Cops Helping Cops, eine Art grosses Whiteboard in der Eingangshalle, auf der im Allgemeinen Weiss-Wer-Was-Dazu-Fragen aus aktuellen Ermittlungen aufgehaengt werden. Funktioniert recht gut eigentlich, oft wissen die Jungs aus der Drogenfahndung ja etwas, was uns nicht eingefallen waere oder so. Jedenfalls steht am naechsten Morgen Turpin vor meinem Tisch.’ Pete schnaubte veraergert, aber Joe fuhr ungeruehrt fort: ‘Ich weiss, er ist ein Arsch, aber er hatte hier den Schluessel. Er hatte die meisten der Orte wiedererkannt: es waren jene, an denen man die zerstueckelten Frauen gefunden hat.’
‘Und dann habt ihr euch die Orte angesehen, die ihr noch nicht kanntet’ vermutete Pete.
‘Klar’ sagte Jim, ‘wir haben das Blaulicht angeworfen und sind ab in die Berge. Echt entlegene Stellen, aber wir haben alle ausstaendigen Leichen gefunden. Die Nummern 11, 22 und 32, in ebensovielen Teilen. Auf einem der Kleidungsreste haben wir Haare gefunden, und ein DNA-Test hat die letzten Zweifel ausgeraeumt. Joshua war tatsaechlich der Johanneskiller, und ... Moment.’ Joe nahm sein vibrierendes Handy aus der Tasche, klappte es aus und horchte aufmerksam.
‘Aha’, antwortete er der offenbar weiblichen Stimme, ‘Okay, bin unterwegs.'

'Tut mir leid’ sagte er nachdem er das Telefon weggesteckt hatte, ‘du weisst ja, wie das bei der Mordkommision ist. Ich muss los.’
Pete grinste schief. ‘Ja, ich kann mich erinnern. Einen Moment noch - was ist denn nun mit Greenes moerder?’
‘Oh, der’ sagte Joe als ob er sich gerade erst daran erinnert haette, dass es den ueberhaupt gab. ‘Den haben wir de facto zu den Akten gelegt. Der Polizeikommisar hat kein Interesse daran, einen folternden, mordenden Volkshelden zu schaffen. Ich meine, es gibt keine Anhaltspunkte, nicht wahr? Der Typ wusste worauf es ankommt wenn es darum geht, keine Spuren zu hinterlassen. Hoer mal, ich muss jetzt wirklich los.’
Nach ein paar Schritten blieb er stehen, drehte sich halb um sah in keine bestimmte Richtung.
‘Weisst du’ sagte er, ‘eines ist mir noch aufgefallen. Die achzehn Streifen auf der Socke. Und dann noch deine grosse Liebe, Sally Weisz, du haettest damals beinahe ihr zuliebe deine Frau verlassen...'. Er hielt kurz inne und wandte sich dann wieder zum Gehen. ‘Sie war das achzehnte Opfer.'

Monday, October 19, 2009

schreibwerkstatt die zweite

hallo ihr lieben!

war wieder eine coole schreibwerkstatt vorige woche. ich bin firmenbedingt zu spaet gekommen
und hab den einstieg verpasst.

zuerst ging es darum eine geschichte aus einem bild mit einer optischen täuschung zu verfassen, in meinem fall diese links.


das hab ich verpasst, und bin direkt im zweiten teil eingestiegen - die geschichte als haiku zusammenzufassen. naturgemäß ist das nicht ganz einfach, wenn man zuallererst mal keine geschichte geschrieben hat ;). in den sinn gekommen sind mir bei dem bild die baumgeister aus prinzessin mononoke. die geschichte hätte sich dann darum gerankt, dass wenn im winter der wind durch die baumkronen fährt, es nicht der wind ist den man da pfeifen hört. vielmehr sind es die baumgeister, die sich um einen platz näher am baum streiten, weil es dort wärmer ist und nicht so schwankt, wie an den astenden.

da hab ich dann festgestellt, das silbenzählen recht kompliziert ist :-) wenn man sich nicht sicher ist wo man die wörter abteilt. in jedem fall lautet mein in dem naturbezug der klassischen japanischen vorbilder gehaltener haiku zu dem bild wie folgt: (15 Minuten Zeit)
hör zu im Winter
sich zankende baumgeister
klingen wie der wind
nach diesem grossartigen ersten haiku meiner tage gabs ein video, nämlich das folgende:
http://www.youtube.com/watch?v=Na-lckxbdY8
das es auch als haiku zusammenzufassen galt (10 Minuten):
Den Falter, das Tier
Alphaformieren wir hier -
eine Orchidee

nach diesen grossartigen kurzfassungen galt es noch, zwei unabhängige textleemente zu verbinden. Wir hatten dazu einen Zettel mit sechs Textstellen, von denen wir uns zwei aussuchen konnten um einen kleinen Text quasi als Klebstoff dazwischenzusetzen.

Hier das Ergebnis, den von mir verfassten Klebstoff wirst erratbar sein, denke ich (20 Minuten).
Ich sehe diese Flamme manchmal überschwer nach rechts oder nach links ihr Gleichgewicht verlieren, einen noch schwärzeren Rauch ausstoßen und sich dann von neiem wieder aufrichten. Aber die Stadt kann ich immer noch nicht erkennen.
Ich schließe den Ofen und sehe mich um. Wie erhofft ist mein Aufseher eingenickt, hier war viel Glück mit im Spiel.
Sprung, Aufprall, Abrollen, Umsehen, flach auf den Boden pressen, warten. Ich zögere lange, obwohl ich es tausendmal im Gedanken durchgespielt habe, fast zu lange, die Stadt ist schon mehr als ein vager Schemen am Horizont. Sprung, Aufprall, Abrollen ... jetzt tu es endlich, verdammt ... Sprung, Aufprall, Abrollen, Sprung, Sprung, SPRUNG! Aufprall, Schmerz, Abrollen, Schmerz, atemloses liegenbleiben, hoffen, keuchen, mühsames auf den Bauch wälzen, dem Zug, den Waggons... nachblicken. Ja. Er fährt weiter. Ich bin Frei.
Nachdem sie verschwunden sind, vibrieren die Schienen noch zwei Minuten lang leicht und hören dann auf. Eine Rostflocke fällt. Eine Blume nickt. Das Meer rauscht sehr laut.

Die letzte übung war eine der spannenstens bisher. Es ist ja so, das einem sehr schnell zwei textelemente ins Aug springen, die zu kombinieren offensichtlich die einzig mögliche wahl unter den sechs textschnipseln ist.
Naturgemäß sieht man das nur selbst so. Ein anderes Mädel hat 'meine' beiden Texte ebenfalls kombiniert, allerdings umgekehrt. Bei ihr wurde, anstatt des Gefangenenausbruchs, eine Geschichte über das Ende einer Freundschaft und die nunmehr getrennten Wege einer Reisegesellschaft. Und auch bei den anderen waren bemerkenswerte Ideen dabei, über die ich nur staunen konnte.

so long
richard

Tuesday, October 13, 2009

schreibwerkstatt die erste

guten morgen!

hier die ergebnisse der ersten schreibwerkstatt, die ich dir nicht schuldig bleiben will. Nach allgemeiner Vorstellungsrunde hat unsere Goth-Übungleiterin mitgeteilt, dass wir nun buchstabieren würden.
Also fünfzehn Minuten Zeit dafür, mit den buchstaben des Wortes Herbst bzw. Vollmond (freie Wahl) Wörter zu finden, die man damit verbindet. Dann nochmal 10 Minuten, um sie in einem Satz, einer Geschichte, einem Gedicht einzubauen, je nach lust & laune. Ich habe Sätze gewählt.
HERBST

Hinweg
Erhaben
Ruhe
Bunt
Sommer
Tag
in einem Satz:
Hinweg ist er. Erhaben und Ruhig weicht er bunter Farbenpracht. Und so verabschiedet sich der Sommer wie der vergehende Tag.
hier das zweite wort:
VOLLMOND

Vorübergehend
O-Form
Lust
Licht
Mondphase
Oberhoheit
Neumond
Demut
in einem Satz:
nur vorübergehend spendet er, o-förmig, licht und lust - einige mondphasen später ist die oberhoheit über den himmel dahin. dem neumond - bleibt nur demut
Dann wurden wir aufgefordert, Reimwörter darauf zu finden (10 Minuten). Dabei hab ich mir, wie man am Ergebnis sieht, ziemlich schwer getan.
Hinweg -> Hauseck
Erhaben -> Besagen
Ruhe -> Truhe
Bunt -> Hund
Sommer -> Frommer
Tag -> Sarg
ein nonsens - gedicht damit zu schreiben war dann die Hausaufgabe
Von der ruhe am boden der truhe
wiewohl im sommer noch frommer
erhebt sicht bunt ein räudiger Hund
nunmehr erhaben - muss nichts besagen
schon ist er hinweg, läuft flink ums hauseck
denn an diesem tag - ist seine truhe kein sarg
zum schluss gab es eine geschichte zu schreiben. Anregung war ein gezeichnetes Bild einer recht antropomorphen katze, die vor einem großen vollmond in einer pfote einen mikrophonständer mit einer maus als mikrophon hält, und augenscheinlich singt. die aufgabe dazu war, sich in einen der beiden zu versetzen und einen kurzen inneren monolog zu verfassen.
Das sind wahrlich die besten Momente. Kritische Geister würden es wohl als kindisch bezeichnen, mit einer Maus als Mikrophon bei Vollmond Sinatras 'New York' zu intonieren, zumal das kleine Biest ein erklecklich schlechter Verstärker ist.
Aber hey - Sophie gefällt der Song, ich hab einen Heidenspaß und die Angsthormone werden unserem Moonlightdinner ein derart delikates Aroma verleihen, dass diese Katzendame nie wieder Whiskas kaufen wird, anstatt sich mit mir zu treffen.

Das wars fürs erste mal.

so long
richie

literatur. by richie.

Hallo Ihr Lieben!

Geraume Zeit ist seit meinem letzten eintrag ins land gezogen, eine solide mischung aus schreibfaulheit und einem eher diffusen gefühl des eh-nichts-zu-sagen-haben.

sei's drum, das ist für die nächsten paar monate anders: aufgrund beständiger freundlichsanfter tritte doch wieder etwas zu schreibn hab ich mich auf der VHS Graz für einen wöchentlichen Kurs namens 'kreative Scheibwerkstatt' angemeldet, von dem nunmehr zwei Kurstage absolviert sind. Die Ergebnisse sind freilich bescheiden, und doch will ich sie euch nicht vorenthalten - vielleicht findet ja jemand selbst anklang an den Aufgaben (die wirklich nicht ganz ohne herausforderung sind, jedenfalls für mich), oder findet meine Texte ein wenig lesenswert.

Sollte mich außerhalb der VHS auch der Schreibteufel packen, werde ich das dann auch hier 'veröffentlichen' und allen meinen vielen Lesern (ja, ich meine dich, Hans: du bist glaub ich der einzige Mensch der hier noch einen RSS draufhängen hat :) zugänglich machen.

so long
richie